Im Kompetenzmodell des „Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse“ (HQR) werden für Hochschulabsolventen vier Kompetenzbereiche unterschieden und gemäß „Fachgutachten zur Kompetenzorientierung in Studium und Lehre“ der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) wie folgt beschrieben [1], [13]:
Als Kompetenzen werden allgemein
„die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“,
verstanden [21]. übertragen auf das apothekerliche Kompetenzverständnis werden Kompetenzen als pharmazeutische Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Einstellungen, die zur verantwortlichen Ausübung des Apothekerberufes in allen pharmazeutischen Tätigkeitsbereichen befähigen, definiert (s. Kasten).
Definition der apothekerlichen Kompetenz8:
Pharmazeutische Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Einstellungen, die zur verantwortlichen Ausübung des Apothekerberufes befähigen.
Übergeordnete Qualifikationsziele für die Ausbildung der Apotheker können auf Grundlage des Kompetenzmodells des HQR definiert werden und schließen Apotheker in allen pharmazeutischen Tätigkeitsbereichen ein. Nachfolgend ist beispielhaft die Formulierung der übergeordneten Qualifikationsziele für die Ausbildung der Apotheker gemäß HQR aufgeführt:
Apothekerinnen und Apotheker9
Für die pharmazeutische Ausbildung ergeben sich die zu erlangenden Kompetenzen u. a. aus den Anforderungen und Veränderungen in der Berufswelt und Gesellschaft. Diese wurden für das Haupttätigkeitsfeld der Apotheker ‒ die öffentliche Apotheke ‒ mit dem Perspektivpapier „Apotheke 2030“ konkretisiert. Aus dem Perspektivpapier lassen sich sechs zentrale Kompetenzbereiche der Apotheker ableiten (Tabelle 1). Den Kompetenzbereichen der Apotheker werden übergeordnete Kompetenzen, Lernziele und Ausbildungsinhalte zugeordnet, die zur verantwortlichen Ausübung des Apothekerberufes in der öffentlichen Apotheke befähigen. Dabei ist zu beachten, dass die Kompetenzbereiche nicht isoliert nebeneinander stehen, sondern ineinandergreifen (Abbildung 2). So sind beispielsweise Inhalte der Bereiche „Intra- und interprofessionelle Zusammenarbeit“ und „Kommunikation“ kombinierbar, was sich auch in der Gestaltung der Lehre widerspiegeln sollte.
Tabelle 1: Zentrale Kompetenzbereiche, die vom Perspektivpapier "Apotheke 2030" ableitet werden. Diese sind mit dem HQR kompatibel.
Perspektivpapier „Apotheke 2030“ |
Apothekerliche Kompetenzbereiche Kompetenzbereiche nach HQR |
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Näher am
Patienten |
Heilberufliches Netzwerk |
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Leistungen und Angebote
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Information und Beratung Medikationsanalyse und Medikationsmanagement Pharmakovigilanz: Arzneimitteltherapiesicherheit Pharmakovigilanz: Arzneimittelsicherheit Individuelle Arzneimittel Prävention |
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Heilberuflicher Auftrag
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Qualifikation |
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Qualität und Wirtschaftlichkeit |
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Abbildung 2: Kompetenzbereiche, die vom Perspektivpapier „Apotheke 2030" abgeleitet werden. Das tragende Fundament der „Apothekerlichen Kompetenz“ ist das „Pharmazeutische Fachwissen“, auf das die weiteren Kompetenzbereiche aufbauen.
Kompetenzen umfassen Wissen, Fertigkeiten, Fähigkeiten und Einstellungen. Sie kommen in zielorientierten Handlungen in komplexen Situationen zum Tragen. Dieser Ansatz wird im für die medizinische Ausbildung international anerkannten Modell der sogenannten Miller-Pyramide berücksichtigt und ist Grundlage des „Nationalen kompetenzorientierten Lernzielkatalog Medizin“ (NKLM) sowie der „Nationalen Kompetenzstandards für Pharmazeuten in Australien“ der Australischen Pharmazeutischen Gesellschaft (Pharmaceutical Society of Australia, PSA) (Abbildung 3) [22], [20], [23]. Dieses Konzept wird nun auf den KLP-P übertragen. Drei unterschiedliche Kompetenzniveaus werden im Verlauf der Ausbildung des Apothekers erworben und bauen aufeinander auf (Tabelle 2).
Abbildung 3: Pyramide nach Miller, 1990
Tabelle 2: Kompetenzniveaus im KLP-P
Niveaustufe: |
Dimension: |
1 | Informationen erinnern und verstehen: Deskriptives Wissen, Detailwissen einer Fachdisziplin, Fakten nennen und beschreiben |
2 | Informationen anwenden: Zusammenhänge erklären und bewerten |
3 | Informationen erzeugen, Probleme bearbeiten: |
3a | Unter Beaufsichtigung selbst handeln |
3b | Selbstständig eigenverantwortlich handeln |
Lernziele können auf unterschiedlichen Anforderungs-, Schwierigkeits- oder Komplexitätsniveaus beschrieben werden. Jede höhere Niveaustufe beinhaltet alle vorherigen. In Anlehnung an den etablierten Taxonomie-Ansatz von Anderson und Krathwohl werden vier Niveaustufen unterschieden, die aufeinander aufbauen [24]. Lernziele werden mit jeweils den Niveaustufen entsprechenden tätigkeitsbezogenen Verben definiert, um damit den Handlungsrahmen von Kompetenz zu berücksichtigen (Tabelle 3). Dieses Konzept ist Grundlage für die Formulierung der Lernziele im KLP-P.
Tabelle 3: Taxonomie zur Beschreibung von Lernzielen im KLP-P, modifiziert nach Anderson und Krathwohl (2001) sowie Universität Zürich - Arbeitsstelle für Hochschuldidaktik AfH: Leistungsnachweise in modularisierten Studiengängen [24], [25]
Niveaustufe | Tätigkeiten, z. B. |
1. Informationen erinnern und verstehen | |
Erinnern und Verstehen von Kenntnis-, Fähigkeits- und Fertigkeitsgrundlagen | nennen, beschreiben, erkennen, verdeutlichen |
2. Informationen anwenden | |
Anwenden von Kenntnissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Einstellungen | anwenden, auf- und ausbauen, entwickeln, durchführen, herstellen, informieren, kommunizieren, lösen, prüfen |
3. Informationen erzeugen, Probleme bearbeiten | |
Analysieren und Bewerten von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Einstellungen | ableiten, abstimmen, analysieren, auswählen, beachten, beraten, berücksichtigen, bestimmen, betreiben, beurteilen, bewerten, einleiten, entscheiden, erklären, definieren, identifizieren, koordinieren, lösen, organisieren, wahrnehmen, zuordnen |
Erweitern und Erschaffen von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Einstellungen | entwickeln, generieren, hinterfragen, optimieren, publizieren, umsetzen |
Mit der Ausbildung des Apothekers gemäß AAppO werden pharmazeutische Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Einstellungen und somit apothekerliche Kompetenz erworben. Diese wird durch postgraduale Fort- und Weiterbildung oder Promotion auf den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik gehalten bzw. erweitert. Im KLP-P werden die zu erwerbenden Kompetenzen je nach Ebene den Abschnitten der Apothekerausbildung zugeordnet. Der durch Fort- und Weiterbildung bzw. Promotion postgraduale Kompetenzerwerb der Apotheker wird im KLP-P nicht berücksichtigt.
Grundlagenkompetenz wird i. d. R. während des Grundstudiums der Pharmazie erworben und mit dem Ersten Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung nach mindestens zwei Studienjahren bundesweit einheitlich geprüft. Die Inhalte sind in den Stoffgebieten gemäß Anlage 1 zu § 2 AAppO festgelegt. Die Inhalte des Ersten Abschnitts der Pharmazeutischen Prüfung sind in Anlage 13 zu § 17 AAppO festgelegt.
Kompetenzniveau/s: | i. d. R. 1, 2 |
Rechtliche Grundlagen: | Erster Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung gemäß § 8 AAppO |
Prüfungsformat: | i. d. R. schriftlich, Multiple Choice, IMPP-Verfahren |
Gestaltungsspielraum: | Alternatives Prüfverfahren gemäß § 8 Abs. 3 AAppO |
Kompetenzniveau/s: | i. d. R. 1, 2, 3a |
Rechtliche Grundlagen: | Zweiter Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung gemäß § 8 AAppO |
Prüfungsformat: | mündlich |
Gestaltungsspielraum: | gewählte Formate für mündliche Prüfungen |
Die Pharmazeutische Kompetenz wird während des Hauptstudiums erworben und mit dem Zweiten Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung nach mindestens zwei weiteren Studienjahren geprüft. Die Inhalte des Studiums der Pharmazie sind mit den Stoffgebieten gemäß Anlage 1 zu § 2 AAppO festgelegt. Die Inhalte des Zweiten Abschnitts der Pharmazeutischen Prüfung sind in der Anlage 14 zu § 18 AAppO festgelegt.
Das Pharmaziestudium ist ein Universitätsstudium. Die Fähigkeit zum selbstständigen wissenschaftlichen Denken, Arbeiten und Handeln wird mit erfolgreichem Abschluss der universitären Ausbildung bescheinigt, ohne dass diese Kompetenz gesondert nachgewiesen wird. Erweiterte wissenschaftliche Kompetenzen, die im Rahmen der freiwilligen Diplomarbeit bzw. während der Promotion erworben werden, sind hiervon abzugrenzen.
Die mit dem Pharmaziestudium erworbenen pharmazeutischen Kenntnisse und Fertigkeiten sollen in der praktischen Ausbildung vertieft, erweitert und praktisch angewendet werden. Zur praktischen Ausbildung gehören insbesondere die pharmazeutischen Tätigkeiten im Sinne § 2 Abs. 3 Bundes-Apothekerordnung (BApO) sowie die Inhalte gemäß Anlage 8 zu § 4 AAppO.
Kompetenzniveau/s: | i. d. R. 3a, 3b |
Rechtliche Grundlagen: | implizit mit Abschluss des Universitätsstudiums nach vier Jahren |
Prüfungsformat: | z. B. im Rahmen des Wahlpflichtfaches Ergebnisse einer Projektarbeit schriftlich und mündlich kommunizieren |
Gestaltungsspielraum: | bereits vor Studienabschluss nachzuweisen, z. B. im Rahmen von Projektarbeiten oder Forschungspraktika |
Kompetenzniveau/s: | i. d. R. 3a |
Rechtliche Grundlagen: | Praktische Ausbildung gemäß § 4 AAppO |
Gestaltungsspielraum: | Ausbildungsapotheke, Wahlmöglichkeit anderer Tätigkeitsbereiche |
Kompetenzniveau/s: | i. d. R. 3b |
Rechtliche Grundlagen: | Dritter Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung gemäß § 8 AAppO |
Prüfungsformat: | mündlich |
Gestaltungsspielraum: | gewählte Formate für mündliche Prüfungen |
Mit erfolgreichem Bestehen des Dritten Abschnitts der Pharmazeutischen Prüfung wird die apothekerliche Kompetenz nachgewiesen. Diese umfasst die pharmazeutischen Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Einstellungen, die zur verantwortlichen Ausübung des Apothekerberufes befähigen. Die Prüfungsinhalte sind in Anlage 15 zu § 19 AAppO festgelegt. Pharmazeutische Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Einstellungen, die im Rahmen der Fort- und Weiterbildung sowie während der Promotion erworben werden, sind hiervon abzugrenzen.
8 Begründet durch § 2 Abs. 1 AAppO sowie „Das Berufsbild der Apothekerin und des Apothekers“ (2016) [11], [7]
9 Begründet durch die Beschreibung der Kompetenzen auf Master- bzw. Staatsexamensebene des HQR (2017) [1]