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Kapitel 15 Schmerzen und Schmerzausschaltung

Präambel: Die Definition der International Association for Pain (IASP) beschreibt Schmerz als ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit einer akuten oder potentiellen Gewebsschädigung einhergeht oder mit den Begriffen einer solchen beschrieben wird. Diese Komplexität stellt Behandler im klinischen Alltag sowohl bei der Diagnostik als auch Therapie vor besondere Herausforderungen und erfordert insbesondere bei chronischen Schmerzen spezielle Kenntnisse. Für viele zahnärztliche Behandlungen ist eine adäquate Schmerzausschaltung erforderlich. Diese umfasst die Lokalanästhesie, ggf. ergänzt durch sedierende Maßnahmen und die Allgemeinanästhesie. Bei der Auswahl müssen neben der Art der Behandlung, die Vorerkrankungen und auch die Bedürfnisse von Patientinnen/Patienten berücksichtigt werden. Diese differenzierte Entscheidung erfordert sowohl theoretisches Grundlagenwissen als auch klinische Erfahrung.

54 Lernziele

GK BK WK Wissk
15.1 Die Absolventin/der Absolvent können die anatomischen und neurophysiologischen Grundlagen zur Schmerzentstehung und -verarbeitung beschreiben.
15.1.1 Sie beschreiben und erläutern die Anatomie schmerzverarbeitender Systeme. Sie können …
15.1.1.1 den Aufbau und die Funktion verschiedener Bahnsysteme des nozizeptiven Systems in der Peripherie und im zentralen Nervensystem beschreiben| dabei ist die Altersabhängigkeit der Schmerzverarbeitung, insbesondere im Falle der Behandlung von Kleinkindern und Kindern, aber auch von Hochbetagten zu berücksichtigen. 1 3a
15.1.1.2 die Abgrenzung des nozizeptiven Systems zu anderen, nicht schmerzverarbeitenden Systemen vornehmen. 1 2
15.1.1.3 die Funktion und Bedeutung der Schaltstellen in höheren nozizeptiven Zentren beschreiben. 1 1
15.1.2 Sie beschreiben und erläutern die Neurophysiologie schmerzverarbeitender Systeme. Sie können …
15.1.2.1 physiologische Eigenschaften des Entladungsverhaltens nozizeptiver Neurone erläutern. 1 2
15.1.2.2 die physiologischen Eigenschaften des Entladungsverhaltens nozizeptiver Neurone unter physiologischen und pathophysiologischen Zuständen und insbesondere im Rahmen einer peripheren Sensibilisierung erläutern. 1 2
15.1.2.3 Mechanismen der zentralen Sensibilisierung und Habituation sowie plastischer Veränderung im Rückenmark und im zentralen Nervensystem erläutern. 1 2
15.1.2.4 die bei der Schmerzverarbeitung involvierten Überträgersubstanzen und die Rezeptoren und die bekannten Neurotransmitter- und Neuromodulatorsysteme benennen. 1 1
15.1.2.5 moderne bildgebende Verfahren zur Analyse nozizeptiver Zentren im Gehirn beschreiben und deren Indikation benennen. 1 1
15.2 Die Absolventin/der Absolvent können im Bereich akuter schmerzhafter Erkrankungen des Kiefer- und Gesichtsbereichs und der chronischen Schmerzkrankheit adäquate Untersuchungstechniken anwenden und therapeutische Maßnahmen einleiten.
15.2.1 Sie differenzieren zwischen akutem und chronischem Schmerz und können die Eigenschaften der verschiedenen Schmerzstörungen darlegen. Sie können …
15.2.1.1 akuten und chronischen Schmerz definieren und klassifizieren sowie den Begriff der Schmerzmatrix erklären. 1 1
15.2.1.2 Vorbefunde und Anamnesen bei chronischen Schmerzen erheben. 2 3a
15.2.1.3 mögliche und nötige apparative Techniken und Testverfahren bei chronischen Schmerzen benennen und deren Wertigkeit angeben sowie von ungeeigneten und mehrfachen Untersuchungen abgrenzen. 1 1
15.2.1.4 die neurobiologischen Mechanismen und strukturellen Veränderungen der Chronifizierung erläutern. 1 1
15.2.1.5 die Pathomechanismen, Eigenschaften und klinischen Bilder der verschiedenen Schmerzstörungen insbesondere im Kopf- und Gesichtsbereich darlegen. 1 1
15.2.2 Sie kennen Maßnahmen zur Prävention der Chronifizierung. Sie können …
15.2.2.1 die Grundlagen der Mechanismen zentraler Sensibilisierung und Habituation erklären. 1 2
15.2.2.2 die Möglichkeiten der Verhinderung von nozizeptivem Einstrom auf das zentrale Nervensystem in der Akutphase beschreiben. 1 1
15.2.2.3 psychobiologische Maßnahmen der sekundären Prävention beschreiben. 1 1
15.2.3 Sie berücksichtigen bei der Diagnostik und Therapie psychologische und psychosomatische Aspekte. Sie können …
15.2.3.1 bio-psycho-soziale Konzepte der Chronifizierung darlegen. 1 2
15.2.3.2 die Bedeutung psycho-sozialer Einflüsse und Komorbiditäten für die Schmerzentstehung und -chronifizierung erklären 1 2
15.2.4 Sie führen eine adäquate Schmerzanamnese und -dokumentation durch. Sie können…
15.2.4.1 wichtige Prinzipien der Schmerzanamnese und deren Bedeutung im Hinblick auf die Genese und den Schmerztyp benennen und im Patientengespräch erläutern. 1 3a
15.2.4.2 wichtige Untersuchungstechniken im Rahmen der körperlichen Untersuchung bei Schmerzpatienten beschreiben und durchführen. 1 3a
15.2.4.3 Methoden der Schmerzdokumentation wie standardisierte Schmerzfragebögen und standardisierte Schmerztagebücher erläutern und einsetzen. 1 3a
15.2.5 Sie können unterschiedliche Verfahren in der Schmerztherapie erläutern, anwenden oder veranlassen. Sie können ...
15.2.5.1 die in der Schmerztherapie angewandten Medikamente benennen und mit Angriffspunkten und Nebenwirkungsprofil erläutern. 1 1
15.2.5.2 nicht-medikamentöse Verfahren der Schmerztherapie und deren mögliche Indikationen beschreiben. 1 1
15.2.5.3 gängige Richtlinien zur Dosierung sowie Dosisintervalle und Plasmaspiegel der wichtigen Medikamente beschreiben. 1 1
15.2.5.4 andere medikamentöse Verfahren der Schmerztherapie nennen. 1 1
15.2.5.5 Indikationen zur Psychotherapie erläutern. 1 2
15.2.5.6 abwägen, wie und wann verschiedene Verfahren differenziert eingesetzt werden können in Abhängigkeit von der Grunderkrankung. 1 2
15.2.5.7 erläutern, wann bei akuten Schmerzen eine Intervention notwendig ist und diese durchführen bzw. veranlassen. 2 3b
15.2.5.8 die fachübergreifenden interdisziplinären Behandlungskonzepte bei chronischen Schmerzerkrankungen im Kopf- und Gesichtsbereich beschreiben und differenziert zahnärztliche, schmerztherapeutische, neurologische, orthopädische und psychologische/psychosomatische Therapiemaßnahmen veranlassen. 1 3a
15.2.5.9 die Methoden zur postoperative Schmerztherapie benennen und die geeigneten Medikamente auswählen und anwenden. 2 3b
15.3 Die Absolventin/der Absolvent können die zur Schmerzausschaltung notwendigen Medikamente benennen sowie deren Wirkungen und Nebenwirkungen erläutern. Sie können …
15.3.1.1 die relevanten Kenngrößen der Pharmakodynamik und -kinetik benennen und auf die zu benutzenden Medikamente (Lokalanästhetika, Analgetika, Sedativa) übertragen. 1 2
15.3.1.2 die notwendige individuelle Pharmakotherapie entsprechend dem Alter, dem Körpergewicht und der allgemeinmedizinischen Risikofaktoren auswählen und dabei mögliche Arzneimittelinteraktionen berücksichtigen. 1 3a
15.3.1.3 die auftretenden Nebenwirkungen in spezifische und unspezifische differenzieren und geeignete Therapiemaßnahmen dem Patienten erläutern. 1 2
15.4 Die Absolventin/der Absolvent können entsprechend der geplanten Behandlung und unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Patientinnen/Patienten sowie der allgemeinmedizinischen Aspekte und der medikolegalen Rahmenbedingungen das geeignete Verfahren zur Schmerzausschaltung auswählen, durchführen und veranlassen.
15.4.1 Sie können unterschiedliche Verfahren der Lokalanästhesie erläutern und anwenden. Sie können …
15.4.1.1 die relevanten Lokalanästhetika entsprechend ihrer spezifischen pharmakologischen Eigenschaften anwenden. 3a 3b
15.4.1.2 die relevanten Vasokonstriktoren entsprechend ihrer speziellen pharmakologischen Eigenschaften anwenden. 3a 3b
15.4.1.3 der Indikation entsprechend die am besten geeignete Technik und Material/Instrumentarium beschreiben, auswählen und durchführen. 3a 3b
15.4.1.4 die lokalen und systemischen Komplikationen erkennen und die adäquate Therapie einleiten. 3a 3b
15.4.2 Sie können unterschiedliche Techniken der Sedierung und der Allgemeinanästhesie erläutern. Sie können …
15.4.2.1 Patientinnen/Patienten hinsichtlich ihrer Angst- und Stressempfindlichkeit einschätzen und die geeignete Sedierungstechnik auswählen. 1 3a
15.4.2.2 die relevanten Sedativa entsprechend ihrer spezifischen pharmakologischen Eigenschaften auswählen. 1 2
15.4.2.3 die Komplikationen erkennen und die geeigneten Therapiemaßnahmen erläutern. 1 2
15.4.2.4 die Indikation zu einer Allgemeinanästhesie stellen und die Kooperation mit einem Anästhesisten einleiten. 1 3a